Sind Banker Scharlatane?

[ Tue. Jan. 27. 2009 ]
Martin VogtNassim Taleb, Autor des Bestsellers „Der schwarze Schwan"
Schuld an der Finanzkrise ist die Natur des Menschen, sagen zwei renommierte Wissenschaftler: Nobelpreisträger Daniel Kahneman und Bestsellerautor Nassim Taleb („Der Schwarze Schwan“).
Zwei Männer sitzen auf der Bühne. Links Daniel Kahneman, 74, hellwache Augen, Nobelpreisträger. Rechts Nassim Taleb, 49, Ex-Wall-Street-Banker, Bestsellerautor. Beide reden auf dem Zukunftskongress Digital Life Design (DLD) in München über die Finanzkrise, über den Beginn – vor allem reden sie über Menschen. Sie sagen, es liegt an uns, an unserem Wesen, dass die Krise ausgebrochen ist. Und sie wählen harte Worte, als sie das Ausmaß der Katastrophe bemessen.

Kahneman erklärt, warum sich Blasen bilden an den Finanzmärkten, obwohl doch jeder weiß, dass sie irgendwann platzen. Der Wissenschaftler bemüht einen Vergleich mit dem Wetter: Wenn es drei Jahre wenig regne, dächten die Menschen, das sei fortan normal. Wer über Jahre sehe, dass die Preise für Aktien nur steigen, der könne sich nicht vorstellen, dass der Trend bricht.

„Die Verantwortlichen müssen gehen – heute und nicht morgen“

Taleb geht scharf ins Gericht mit Bankern. Der Steuerzahler alimentiere Manager in dieser Zeit, da Staaten Milliarden ausgeben, um den Zusammenbruch zu verhindern. „Ich möchte, dass die Verantwortlichen für die Krise heute gehen, heute und nicht morgen“, sagt er und beugt sich energisch nach vorn. Der Autor geißelt die Risikomodelle der Banken, er spricht von „Scharlatanerie“.

Es sei Unfug, zu glauben, man könne Risiken abschätzen und sich damit vor einem Crash schützen. Taleb ist berühmt geworden mit seiner These des schwarzen Schwans, die er in seinem gleichnamigen Bestseller beschrieben hat. Schwarze Schwäne, das sind Ereignisse, die sich nicht vorhersehen lassen – auch nicht mit dem besten Modell. „Menschen werden nie in der Lage sein, Zufall zu kontrollieren“, sagt er.

Der frühe Warner

Taleb hat schon früh gewarnt vor der Krise, im Jahr 2003 nannte er „Dynamit“, was in den Bilanzen des US-Hypothekenfinanzierers Fannie Mae schlummerte. Im Herbst vergangenen Jahres übernahm die US-Regierung das Institut in einem dramatischen Rettungsakt. Der „Sunday Times“ sagte Taleb 2008: „Banker sind gefährlich.“ Und auch jetzt sieht er einen Skandal: Was hätten die Banken gemacht mit dem Geld, das der Staat lockermache, fragt er provokant die Zuhörer. „Sie haben weiter Boni gezahlt, und sie haben die Risiken erhöht.“ Es sei ja nicht eigenes Geld.

Taleb fordert rigoros: Banken verstaatlichen – und Finanzmodelle abschaffen. Kahneman folgt ihm nicht ganz. Klar, die Modelle seien nicht geeignet, einen Zusammenbruch vorherzusagen. Aber man dürfe nicht die Natur des Menschen außer Acht lassen. Der Mensch werde immer nach Modellen verlangen – auch wenn sie falsch seien.

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